Ausnahmetalent, Meisterkünstler des Expressionismus, Mitbegründer der »Brücke«. Für Ernst Ludwig Kirchners Werk sind Superlative die Grundformel. Da berrauscht es, dass die Würdigung eines der wichtigsten Kapitel im Leben und Werk des Malers bisher kaum besprochen wurde. Denn nicht nur die expressionistische Hochphase, sondern auch das imposante Spätwerk verdienen besondere Aufmerksamkeit und Würdigung. In seinem Exil in Davos gelang es Kirchner noch einmal vor seinem mit 58 Jahren begangenem Selbstmord einen außergewöhnlichen Bilderzyklus zu schaffen. Im Duktus unverkennbar, erfindet er sich zugleich vollkommen neu. In kräftigen Farben tritt die Natur als betörender Bildraum in Erscheinung, in dem die Darstellung und das Werden des Menschen verhandelt werden. Das ist in seiner Ästhetik mindestens genauso bestechend wie in seiner Logik. Komplettiert wird der Ausstellungskatalog mit der Vorstellung der Werke eines weiteren Expressionisten: des dänische Maler J.F. Willumsen. Dieser Gegenüberstellung von Kirchner und Willumsen gelingt es, eine völlig neue Perspektive auf eine intensive, farbenfrohe und vitalistische Vision der Malerei der 1910er- bis 1930er-Jahre vor Augen zu führen.